Brotjobs & Literatur – Iuditha Balint, Julia Dathe, Kathrin Schadt, Christoph Wenzel (Hg.)

Auch für Literaturschaffende reicht Luft und Inspiration nicht aus – zum Leben braucht man Geld. Und gerade daran hapert es oft. Es gibt das Narrativ vom armen Poeten, es ist uralt und im Kern wahr. Auf der anderen Seite erscheint vielen das Dasein als Autor oder Autorin sehr schmackhaft. Man verdient viel Geld, genießt das Leben und schreibt zwischendrin mal ein Buch. Doch Schriftstellende, die wirklich davon leben können oder gar reich werden, das ist die Ausnahme, das schaffen nicht mehr als eine Handvoll Literaturschaffende in Deutschland.
Und die Restlichen? Ja, die haben einen Brotjob. Brotjobs gibt es viele, das reicht vom Job auf dem Bau, im Lager, auch im Büro oder in einer Verwaltung. Literaturschaffende haben solche Jobs, um ihre Miete zu bezahlen und Essen zu kaufen. Ihr Beruf (ihre Berufung) ist das Schreiben.

In der Anthologie aus dem Verbrecher Verlag kommen 19 Literaturschaffende von Erzählungen, Gedichten und Romanen zu Wort. Sie sprechen über ihr Leben, ihr Schreiben und darüber, wie das zusammenpasst. Es sind persönliche Berichte und sie geben einen tiefen Einblick in das Leben mit der Berufung zur Schriftstellerei. Auf völlig verschiedene Weise sprechen die Literaturschaffenden zu uns Lesern, manches ist anklagend, aus manchen spricht das Glück, überhaupt schreiben zu dürfen (können). Manche klingen stoisch ob Ihrer Situation, andere inspiriert. Doch am Ende hat man ein Bild von der Problematik, die sich aus Schreib-Berufung und finanziellen Notwendigkeiten ergibt.

Die Texte sind so verschieden wie die Autorinnen und Autoren. Einige sind sachliche, nüchterne Berichte, andere locker geschrieben, und einige Berichte sind mehr Literatur, als ein Bericht über das Thema der Anthologie.

Die Zusammenstellung ist äußerst glücklich gewählt, neben allen Informationen wird man – durch das Können der Schreibenden – exzellent unterhalten. So kann ich eine klare Leseempfehlung geben – für alle die Schreiben und alle die (nur) lesen.

Noch eine Anmerkung: (MEINUNG)
Das einzig Unschöne an diesem Buch ist die Art, wie gegendert wird. Wie im unten folgenden Klappentext zu sehen, so wird auch im ausführlichen und informativen Vorwort gegendert. Um zu zeigen, dass man auch anders gendern kann und – in diesem Text – nicht immer Schriftstellerin und Schriftsteller schreiben muss, habe ich das Wort Literaturschaffende verwendet, ihr habt’s sicher bemerkt.
Davon abgesehen, das Sternchen anstelle des Doppelpunktes wäre sicher angebrachter, da es auch das Geschlecht divers einschließt. Im Umkehrschluss schließt der Doppelpunkt Personen aus, die nicht cis-männlich oder cis-weiblich sind (Doppelpunkt oder Sternchen sind also nicht Geschmackssache). Grammatikalisch falsch sind jedoch beide Formen, doch darum geht es jetzt nicht. Ich finde nur, in einem Buch, in dem es um Literatur geht, hätte man sich mehr Mühe beim Gendern geben können, um das mit richtiger und wohlklingender Sprache umzusetzen. (Ja ich weiß, ich bin ein Korinthenkacker.)

Klappentext

Autor:innen haben meist Brotjobs, sprechen aber selten darüber. Selbst sie gehen oft davon aus, dass bei preisgekrönten Kolleg:innen das literarische Schaffen die tragende Einnahmequelle ist. Wie unter teils prekären Bedingungen Literatur geschrieben wird, wie sich die Arbeitssituation auf Autor:innen und ihre Werke auswirkt, welche Wechselwirkungen von Brotberufen und literarischem Arbeiten es geben kann – davon erzählen hier die Texte von Philipp Böhm, Crauss, Dominik Dombrowski, Özlem Özgül Dündar, Dinçer Güçyeter, Johanna Hansen, Adrian Kasnitz, Ulrich Koch, Thorsten Krämer, Stan Lafleur, Isabelle Lehn, Swantje Lichtenstein, Daniela Seel, Sabine Schiffner, Sabine Scho, Janna Steenfatt, Michael Schweßinger, Karosh Taha und Juliane Ziese.

Avatar-Foto
Über franzosenleser 80 Artikel
"Es gibt nur einen Weg, um Kritik zu vermeiden: Nichts tun, nichts sagen, nichts sein" Aristoteles

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*