KALTHERZ – Henry Faber

Kennt ihr das, wenn euch ein Buch zurücklässt mit allen schwirrenden Emotionen und ihr euch erstmal sortieren müsst?
Nach Ausweglos waren meine Erwartungen hoch. Und tatsächlich habe ich die Story in nur 14 Stunden inhaliert, mit jedem Satz, mit jedem Wort.

Einmal mehr beweist die Ich-Perspektive, dass man durch nichts näher an eine Figur ranrücken kann. Fabers Wortgewandtheit und bildhaften Vergleiche katapultieren einen direkt in die Köpfe der Figuren, in deren Emotionswelt.
Lansky unbeugsam, rüpelhaft, und kompromisslos. Maries Vater, Jakob, eiskalt, wenn es um den Job geht; Clara, die Mutter, am Boden zerstört. Aber völlig gepackt hat mich die Perspektive der kleinen Marie. Teilweise nur schwer aushaltbar, ich musste manchmal schlucken. Trotz des schwierigen Themas hat der Autor wahres Fingerspitzengefühl bewiesen.

Doch die Geschichte ist viel komplexer, als der Klappentext vermuten lässt. Hier ein Seitenhieb auf die Moral unserer Gesellschaft, dort ein Schlag in die bigotte Magengrube der Kirche. Aber nie mit erhobenem Zeigefinger oder Holzhammer.

Dass er ein Meister der perfekt dosierten Cliffhanger und Wendungen ist, ist kein Geheimnis. Diesmal hatte die Story so eine Sogwirkung auf mich, dass ich an manchen Stellen Schnappatmung hatte. Mit seiner Geschichte schickt mich Faber mal hier hin, mal da hin. Nur damit ich am Ende völlig atemlos bin und merke: Hey, wieder die falsche Richtung. Keine Zeit zum nachdenken, die emotionale Achterbahn geht unaufhörlich weiter, reißt mich mit, stellt alles auf den Kopf und zerfetzt mein Nervenkostüm. Handwerklich perfekt, künstlerisch herausragend.

Ich könnte jetzt mit Superlativen um mich schmeißen, doch sie würden dem nicht gerecht. Oder gibt es eine Steigerung zu Pageturner? Wenn ja, dann heißt sie Henri Faber. Fakt ist, dass dieses Buch alle Thriller, die ich bisher gelesen habe, in den Schatten stellt.
Ich wüsste sofort, wo ich im Buchhandel den Titel einsortieren würde. Im Bestsellerregal, und zwar ganz oben. Danke Henri Faber für ein unvergessliches Erlebnis.

Klappentext

Lies Faber, wenn du dich traust!

»Mama ist im Himmel. Jetzt habe ich eine Mami. Aber sie sagt, für das, was sie getan hat, kommt sie in die Hölle.«

Acht Minuten. Länger war die fünfjährige Marie nicht alleine. Doch als ihre Mutter zum Auto zurückkommt, ist Marie spurlos verschwunden. Kommissarin Kim Lansky übernimmt den Fall. Es ist ihre letzte Chance, sich als Ermittlerin zu beweisen. Die Suche nach der Wahrheit führt sie in die dunkelsten Kapitel ihrer eigenen Vergangenheit – und zu einer erschreckenden Frage: Warum bleiben gerade in München so viele Kinder verschwunden?

»Ein echter Thriller, auf den Punkt erzählt, hochspannend bis zum Ende.« Arno Strobel

Bibliografische Angaben

ISBN: 978-3-423-22012-5
Verlag: dtv Verlag
Erscheinungsjahr: 2022
Seiten: 412, Paperback

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Über ein.lesewesen 314 Artikel
Es kommt darauf an, einem Buch im richtigen Augenblick zu begegnen. Hans Derendinger

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