Der Fänger im Roggen – J.D. Salinger

Der Fänger im Roggen – J.D. Salinger (engl. Erstausgabe 1951)

Was gibt es über dieses Buch, noch zu sagen, was nicht bereits gesagt wurde? Ein Buch, das schon von unseren Eltern, ja sogar Großeltern gelesen wurde. Wahrscheinlich werden es noch unsere Enkel lesen, so rotzig, aufmüpfig, wie die Stimme des Icherzählers ist. Kein anderes Buch verkörpert die Rebellion der Jugend gegen die Eltern so klar und so radikal.
Doch das ist nicht alles. Ich habe das Buch jetzt zum zweiten Mal gelesen. Beim ersten Mal war ich am Ende der Pubertät. Damals stand der Aspekt der Rebellion gegen das Leben meiner Eltern und die Verlogenheit der Gesellschaft der Bundesrepublik der frühen 80er-Jahre im Vordergrund meiner Wahrnehmung. Jetzt, rund vierzig Jahre später nahm ich das Buch wesentlich vielschichtiger wahr. Der Erfolg des Buchs basiert bestimmt auch darauf, dass sich nahezu jede/r Leser*in in einer der auftretenden Problematiken wiedererkennen kann. Heute sehe ich darin vor allem ein Plädoyer für Toleranz (auch für Mitleid) und gegen die gesellschaftliche Verlogenheit. So ist die Geschichte immer noch topaktuell, auch wenn die verstaubte Doppelmoral gesellschaftlicher Vorstellungen heute anders aussehen als damals.

Von Salinger wurde nicht viel veröffentlicht. Nach diesem Meisterwerk gab es nur vier weitere Veröffentlichungen, zuletzt »Hapworth 16, 1924« – das war 1965. Nicht dass er keine Zeit mehr gehabt hätte, Salinger verstarb erst 2010. Vielleicht hat er gespürt, dass man auf »Der Fänger im Roggen« nichts mehr draufsetzen kann. Dieses Buch war einfach nicht mehr zu toppen.
Und so ende ich mit einem Zitat aus dem Buch: „Was mich richtig umhaut, sind Bücher, bei denen man sich wünscht, wenn man es ganz ausgelesen hat, der Autor, der es geschrieben hat, wäre irrsinnig mit einem befreundet und man könnte ihn jederzeit, wenn man Lust hat, anrufen. Das kommt aber nicht oft vor.“
Genau so ein Buch war der Fänger im Roggen.

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"Es gibt nur einen Weg, um Kritik zu vermeiden: Nichts tun, nichts sagen, nichts sein" Aristoteles

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