Werbung. Herzlichen Dank an Goldmann Verlag für das Rezensionsexemplar.
Zuerst dachte ich, das Buch und ich werden keine Freunde. Ich fand nach dem ersten Kapitel keinen Zugang zu den Figuren. Nach den nächsten Kapiteln dachte ich immer noch, mich erwartet eine etwas kitschige Liebesgeschichte, die in einem Drama endet. Doch weit gefehlt, das Buch hat so viel mehr zu bieten, das erst nach und nach deutlich wird.
Meave Morelli und Murtagh Moone lernen sich 1978 in Dublin kennen und lieben. Ihm zuliebe gibt sie ihre Schauspielerei auf und sie ziehen zusammen auf die kleine Insel Inis Óg vor Galway. Während er seine Töpferei betreibt, kümmert sie sich liebevoll um die Kinder und den kleinen Laden. Doch wie wir im ersten Kapitel erfahren, wirft Meaves Depression ihre Schatten über die Familie. Immer mehr häufen sich »die Tage der Krähe«, wie sie sie beschreibt. Murtagh versucht alles, um sein »Dunkelchen«, wie er sie nennt, aufzufangen und der Familie Halt zu geben, wenn sie sich in ihre Einsamkeit zurückzieht. Denn die Krankheit bleibt auch nicht den Kindern verborgen.
»Aber ich möchte nicht ständig darüber nachdenken, ob sie (Meave) wirklich kommt, nur um dann enttäuscht zu sein, wenn sie nicht auftaucht«, sagt Sive, die Jüngste.
Bis Meave es am Weihnachstag 2005 nicht mehr verkraftet, und ihrem Leben ein Ende setzt. Ihre Gedanken finden sich am Ende des Buchs in einem Tagebucheintrag wieder, die mich zu tiefst berührt haben.
Doch ihr Tod ist nicht das Ende der Geschichte. Der Vater und die vier Geschwister müssen lernen, den Verlust zu verarbeitet. Die Familie bricht auseinander, weil jeder versucht, auf seine Art mit dem Schmerz und Verlust umzugehen. Und das, als sie einander am meisten gebraucht hätten. Die Kinder versuchen Frieden mit der Vergangenheit zu schließen, während Murtaghs Leben scheinbar auf der Stelle tritt.
»Wie konnte sie ihm helfen, dass er die Erinnerungen an Maeve in Ehren hielt und trotzdem einen Weg fand, um nach vorn zu blicken?
Um sie gehen zu lassen.
Damit aus Narben kostbare Risse wurden.
Risse, durch die das Licht hereinfiel.« S. 284
Cullen findet hier eine wundervolle Metapher, indem sie ein Vergleich zu einer japanischen Reparaturtechnik findet, bei der Keramikscherben wieder zu einem ganzen verbunden werden.
Helen Cullen hat einen eingängigen Schreibstil, der von der anfänglichen Leichtigkeit in eine Melancholie verfällt, dass es mir leicht fiel, die Empfindungen der tief angelegten Charaktere nachzuvollziehen. Es ist eine große Geschichte von Liebe, Familie, Trauer, Verlust und Aufarbeitung vor einer wunderschönen Kulisse an der irischen Westküste, eingebunden in das Dorfleben von Inis Óg. So tragisch und aufwühlend das Buch war, so hat es mich doch am Ende total überwältigt und tröstlich zurückgelassen. Alles war für mich stimmig und fühlte sich wie eine große Portion Hoffnung an.
Klappentext
»Ein bewegender, eindringlicher Roman von einer der großartigsten neuen Stimmen Irlands.« John Boyne
Ein anrührender, vier Jahrzehnte umspannender Familienroman vor der Kulisse einer irischen Insel.
Auf einer irischen Insel bereitet sich die Familie Moone auf gemeinsame Feiertage vor. Keiner ahnt, dass ihre Mutter Maeve im Sturm aufs Meer gerudert ist, um nicht zurückzukehren. Zehn Jahre sind seither vergangen, doch die Moones haben den Verlust nie verwunden. Ihr Vater Murtagh arbeitet noch immer als Töpfer auf Inis Óg, während die vier Geschwister damit ringen, Frieden mit der Vergangenheit und Maeves Tod zu schließen. Dazu müssen sie die Geschichte enthüllen, die sich hinter der großen Liebe ihrer Eltern verbarg. Gleichzeitig fließt mit den Jahren neue Liebe in die Risse der zerbrochenen Familie. Aus den Scherben erwächst schließlich für Murtagh ein unerwartetes Glück, das nur Maeve einst erahnt hatte.
Bibliografische Angaben
ISBN: 978-3-85535-126-8
Verlag: Goldmann Verlag/Wunderraum
Erscheinungsjahr: Juni 2022
Übersetzung: Jörn Ingwersen
Seiten: 385, Hardcover
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