»Mein Name ist Mary. Mein Haar hat die Farbe von Milch. Und dies ist meine Geschichte.«
Ein Buch, das mich anfangs verschreckte und später überraschte. Ich gebe zu, dass ich mich zunächst echt schwertat, da das Buch auf jegliche Anführungszeichen und dem Großteil an Kommas verzichtet. Es unterbrach immer wieder den Lesefluss. Aber schnell war mir klar, dass die primitive, kindliche Satzstruktur als unverzichtbares Stilmittel diente, um der Geschichte Authentizität zu verleihen.
Mary lebt Mitte des 18. Jahrhunderts auf einen Bauerhof in ärmlichsten Verhältnissen auf. Trotz ihrer körperlichen Beeinträchtigung ist sie ein aufgewecktes Kind, das kein Blatt vor den Mund nimmt. Mit 15 gibt ihr gewalttätiger Vater sie gegen ein Entgelt zu einem Pfarrer in den Haushalt. Doch die schwerkranke Frau des Pfarrers, der sie zur Hand gehen soll und von der sie zum ersten Mal im Leben Wohlwollen erfährt, stirbt. Als der einzige Sohn zum Studium geht, bleibt Mary mit dem Priester allein zurück.
Die Atmosphäre des Buches ist nüchtern und beklemmend und Mary teilt das Los vieler Mädchen der damaligen Zeit. Auch wenn sie sich ihrem Schicksal fügt und tut, was man von ihr erwartet, so beugt sie sich nicht immer widerstandslos. Was ihr die eine oder andere Strafe einbringt. Schnörkellos schildert sie ihr karges Leben in einer lieblosen Familie, in der man sich lieber Jungs statt drei nutzloser Mädchen wünschte. Auch wenn die dramatische Wendung ihres Schicksals am Ende vorhersehbar war, tat es der Geschichte keinen Abbruch, denn es wird nichts beschönigt. Ich hätte Mary gern ein anderes Leben gewünscht, sie vor den Grausamkeiten in Schutz genommen. Ein außergewöhnliches Buch it einer klaren Leseempfehlung von mir.
»Manchmal ist es gut wenn man ein Gedächtnis hat denn das ist die Geschichte des eigenen Lebens und ohne Gedächtnis hat man gar nichts. Aber manchmal da bewahrt das Gedächtnis Dinge auf die man lieber nicht mehr wüsste und egal wie man sich anstrengt sie aus dem Kopf zu kriegen sie kommen immer wieder zurück.« S.163
Klappentext
Mein Name ist Mary. Mein Haar hat die Farbe von Milch. Und dies ist meine Geschichte.
Mary ist harte Arbeit gewöhnt. Sie kennt es nicht anders, denn ihr Leben auf dem Bauernhof der Eltern verläuft karg und entbehrungsreich. Doch dann ändert sich alles. Als sie fünfzehn wird, zieht Mary in den Haushalt des örtlichen Dorfpfarrers, um dessen Ehefrau zu pflegen und ihr Gesellschaft zu leisten – einer zarten, mitfühlenden Kranken. Bei ihr erfährt sie erstmals Wohlwollen und Anteilnahme. Mary eröffnet sich eine neue Welt. In ihrer einfachen, unverblümten Sprache erzählt sie, wie ihr Schicksal eine dramatische Wendung nimmt, als die Pfarrersfrau stirbt und sie plötzlich mit dem Hausherrn alleine zurückbleibt.
Über die Autorin
Nell Leyshons erster Roman Black Dirt stand auf der Longlist des Orange Prize und auf der Shortlist des Commonwealth Prize. Ihre Theaterstücke und Hörspiele erhielten ebenfalls zahlreiche Auszeichnungen. Für ihren zweiten Roman Die Farbe von Milch wurde sie neben James Salter und Zeruya Shalev für den Prix Femina nominiert. Nell Leyshon wurde in Glastonbury geboren und lebt in Dorset.
Bibliografische Angaben
ISBN: 978-3-453-42254-4
Verlag: Heyne Verlag
Erscheinungsjahr: 2019
Übersetzung: Wibke Kuhn
Seiten: 207, Taschenbuch
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