Es geht zu Ende. Nein, nicht mit Montalbano, nur mit der Reihe um den charismatischen sizilianischen Commissario. Im 26. Band findet sein Vize Mimì Augello einen Toten. Und wer Mimì kennt, weiß, dass es wieder mit einer seiner zahlreichen Affären zu tun hat. Doch die Umstände sind mysteriös und Salvo Montalbano kann nicht ermitteln. Nur Stunden später wird ein weiterer Toter gefunden, der Leiter einer Theatertruppe, Carmelo Catalanotti. Bei Salvos Ermittlungen wird klar, dass Catalanotti unorthodoxe Methoden nutzt, um die Rollen der Theaterstücke optimal zu besetzen. Es ist fast so, als wolle er den Bewerbern tief in die Seele blicken.
Doch den eigentlichen tiefen Blick werfen wir in Montalbanos Seele. Haderte er doch schon seit einigen Bänden mit dem Älterwerden, wenn auch mit dem unverkennbaren Humor Camilleris, so wird der Ton nun ernster. Besonders seine Dauerbeziehung zu Livia bekommt einen Riss. »Ewig lockt das Weib« in Camilleris Büchern und auch Montalbano wurde bei einigen Frauen schwach. Doch diesmal verliebt er sich ernsthaft. Ausgerechnet in die neue Chefin der Spurensicherung Antonia Nicoletti. Zum ersten Mal macht er sich Gedanken, was Liebe tatsächlich bedeutet. Immer war ihm seine Arbeit wichtiger, als dass er den letzten entscheidenden Schritt gegangen wäre. Aber auch Livia war nie bereit, zu ihm in den Süden zu ziehen.
In diesem Band kehrt Camilleri zu seiner eigenen Passion zurück – dem Theater, dem ein Leben lang seine ganze Liebe galt. Die recht ungewöhnlichen Auswahlmethoden, denen sich Catalanotti bedient, haben tatsächlich einen realen Ursprung.
Ansonsten finden wir uns auf gewohntem Terrain wieder. Montalbano weiß die Wahrheit zugunsten der Gerechtigkeit zu verbiegen und bleibt seinen unüblichen Ermittlungsmethoden treu.
Trotz Livias Ermahnungen frönt Salvo weiterhin dem guten Essen von Enzo und seiner Haushälterin Adelina, dass mir beim Lesen wieder das Wasser im Mund zusammenlief, Mimì kann die Finger nicht von den Frauen lassen, Fazio hat mal wieder alles schon erledigt und Catrella bringt wie gewohnt sämtliche Namen durcheinander und fällt mit der Tür in Salvos Büro. Etwas schwächer als gewohnt fällt Camilleris Blick auf die politischen und wirtschaftlichen Missstände in seiner Heimat aus.
2018 erschien »Il metodo catalanotti« im Original, ein Jahr, bevor Camilleri starb. Da er zu der Zeit bereits erblindet war, hat er das Buch seiner Assistentin diktiert. Während vielen Reihen mit der Zeit die Luft ausgeht, ist dies hier nicht der Fall – im Gegenteil, Camilleri zieht die dramaturgische Schraube nochmals ordentlich an. Für mich zählt er zu den stärksten, vielleicht auch, weil wir einen tiefen Blick in Salvos Seele erhaschen konnten.
Klappentext
Commissario Montalbanos Vize Mimì hat einen Toten entdeckt – unter mysteriösen Umständen. Kurz darauf geht im Kommissariat ein Anruf ein: Der vermögende Theaterliebhaber Carmelo Catalanotti wurde leblos aufgefunden – in der gleichen Position wie der andere Tote. Während die Ermittlungen im ersten Fall sich als besonders delikat erweisen, ahnt Montalbano im Fall Catalanotti bald, dass dieser als Leiter einer Schauspieltruppe mit ungewöhnlichen Auswahlkriterien Zorn auf sich gezogen hat. Montalbano sieht sich mit einer ganzen Schar Verdächtiger konfrontiert. Und muss überdies einer neuen ehrgeizigen Kollegin Paroli bieten – der schönen Gerichtsmedizinerin Antonia …
Bibliografische Angaben
ISBN: 978-3-7857-2856-7
Verlag: Lübbe Belletristik
Erscheinungsjahr: 22. Dezember 2023
Übersetzung: Rita Seuß, Walter Kögler
Seiten: 303, Hardcover
Über den Autor
Andrea Camilleri (1925–2019), in dem sizilianischen Küstenstädtchen Porto Empedocle (Provinz Agrigento) geboren, war Schriftsteller, Drehbuchautor und Regisseur sowie langjähriger Dozent an der Accademia d’arte drammatica Silvio D’Amico in Rom. In seinem umfassenden literarischen Werk setzte er sich vornehmlich mit seiner Heimat Sizilien auseinander. Seine Romane um den beliebten Kommissar Salvo Montalbano wurden international zu Bestsellern, und seine Hauptfigur gilt weltweit als Inbegriff für sizilianische Lebensart, einfallsreiche Kriminalistik und südländischen Charme und Humor.
Kein anderer vermag es, die italienische bzw. sizilianische Seele einzufangen wie Camilleri. Er galt als kritische Stimme Italiens, scheute sich nie heikle politische und gesellschaftliche Themen anzusprechen wie Korruption, und das organisierte Verbrechen. Nicht selten bekommt es auch sein Kommissar mit der allmächtigen Mafia als Gegner zu tun und zögert nie, sich ihr entgegenzustellen. Camilleri, immer besonnen und ruhig, scheute sich auch nicht davor, sich mit dem Innenminister Salvini anzulegen.
Zeit seines Lebens hatte ein Herz für die einfachen Menschen und ist vor allem ein großer Genießer der sizilianischen Küche, was sich in Montalbano widerspiegelt.
Über 100 Bücher hat Camilleri geschrieben, allein in Italien wurden seine Bücher mehr als 20 Millionen Mal verkauft, außerdem wurden sie in etwa 30 Sprachen übersetzt. Etliche Romane wurden verfilmt.
In seinem Testament hat er verfügt, dass ein Montalbano-Krimi, den er bereits vor 20 Jahren geschrieben hat, erst postum veröffentlicht werden darf. Wir dürfen also gespannt sein.
Nach Umberto Eco ist mit Andrea Camilleri einer der größten Literaten Italiens gestorben.
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