Das Herz schlägt links – Oskar Lafontaine

Ich habe hunderte von Büchern. Warum ich ausgerechnet dieses Buch, das 1999 im Econ Verlag erschien, vor einigen Tagen in die Hand nahm, weiß ich selbst nicht. Vielleicht weil mir beim stöbern durch meine Bücherregale (für Außenstehende konfus wirkend, für mich völlig logisch sortiert) sofort das Durcheinander bei der Erscheinung in den Sinn kam.
Offiziell hieß es damals, das Buch würde am ersten Tag der Frankfurter Buchmesse erhältlich sein. Doch das war offensichtlich schlecht kommuniziert, denn viele Buchhandlungen verkauften das Buch sofort, nachdem Sie es geliefert bekamen. So kam es, dass schon ca. 150000 Exemplare verkauft waren, bevor das Buch offiziell erschienen war. Ich hatte Pech. Von all dem hatte ich nichts mitbekommen und als ich am Erscheinungstag meine Buchhandlung des Vertrauens aufsuchte, teilte man mir mit, dass Buch überall ausverkauft sei und auch nicht kurzfristig lieferbar. So hielt ich es erst 14 Tage später in der Hand.
In »Das Herz schlägt links« beschreibt Oskar Lafontaine die Zeit seiner politischen Karriere als er Rudolf Scharping als Parteivorsitzender beerbte, bis hin zu seinem damals überraschenden Rücktritt als Finanzminister.
Warum sollte man ein solches Buch über 20 Jahre später noch mal lesen? Ich weiß es nicht und tat es dennoch. Und ich muss sagen, es war äußerst interessant. Inzwischen kann man die Ereignisse fast als »geschichtlich« einordnen, die Welt hat sich weiter gedreht und ich habe einen anderen Blick auf die Geschehnisse. Oskar Lafontaine ist nicht mehr in der SPD, war lange ein Kopf der Linken und hat sich gänzlich aus der lauten Politik zurückgezogen.
Meine Bewertung im Jahr 2021:
Mit packenden Worten werden die Ereignisse geschildert, oft spannend, wie ein Krimi. Das macht das Lesen zum wahren Vergnügen. Und noch etwas ist mir aufgefallen. Das Buch ist aktuell. Aktuell dahingehend, dass die Ursachen der nun schon über 10 Jahre andauernden Finanzmarktkrise damals bereits gelegt wurden. Die ausschlaggebenden politischen Entscheidungen wurden zwar noch unter der Regierung Kohl in die Wege geleitet, doch unter der rotgrünen Regierung unter dem Kanzler Schröder vertieft und gefestigt. Oskar Lafontaine erzählt detailliert wie es zu seinem Rücktritt als Finanzminister kam und was die Ursachen waren. Er bewertet die Entwicklungen, die er nicht mit tragen wollte, und es stellt sich nach so vielen Jahren heraus, dass er die Situation fast prophetisch erfasste. Gerade im Hinblick auf den wieder erstarkenden Neoliberalismus ist dieses Buch auch im Jahr 2021 eine informative Lektüre, die durch den lockeren, aber dennoch präzisen Erzählstil auch noch unterhaltend ist.

Klappentext

Vom Mannheimer Parteitag 1995, als er handstreichartig den glücklosen Rudolf Scharping im SPD-Vorsitz ablöste, bis zum unheimlichen Abgang nach 136 Tagen aus der Regierung Schröder – Oskar Lafontaine berichtet erstmals offen über die inhaltlichen und persönlichen Kämpfe in Partei und Regierung und schildert die Gründe, die im März 1999 zu seinem Rücktritt als Parteivorsitzender und Finanzminister führten.

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"Es gibt nur einen Weg, um Kritik zu vermeiden: Nichts tun, nichts sagen, nichts sein" Aristoteles

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