Mein Bruder heißt Jessica – John Boyne

Heute mal was anderes, ein Jugendbuch. Ein Buch, das mich sehr interessiert hat, verspricht doch der Titel ein interessantes Thema, eines das mit Sensibilität angegangen werden muss und die traue ich dem Autor zu.

Aus der Sicht des 12-jährigen Bruders wird das Coming-out des 17-jährigen Jason als Transgender erzählt und über die Probleme, die dies in der Familie und im Umfeld verursacht.

Jugendliche, die anders sind als Umfeld und Gesellschaft es von Ihnen erwarten, sind mit Ängsten konfrontiert, ziehen sich oft zurück und fühlen sich einsam. Mit wem können Sie reden? Von daher ist es ein fast genialer Schachzug des Autors, die ganze Geschichte aus der Perspektive des kleinen Bruders zu erzählen. Das ermöglicht es, die richtigen Fragen und Altersgerechte antworten zu geben. Doch das Buch behandelt mehr, es geht auch um kaltherzig wirkende (sind sie natürlich nicht), ignorante Eltern. Es geht auch um die Grausamkeiten, denen transgender Personen ausgesetzt sind. In der Schule und überall in der Gesellschaft. Wohlgemerkt es ist alles kindgerecht (ab 12 Jahren) erzählt.
Es ist ein Roman , der zum Nachdenken anregt. Er wirft die richtigen Fragen auf, damit eigentlich jeder, der es liest (vorausgesetzt er oder sie hat ein minimum an Hirnmasse) sämtliche Ressentiments gegenüber transgender Personen fallen lassen muss.

Als erwachsener Leser musste ich mir allerdings ständig vor Augen halten, dass dieses Buch für Kinder geschrieben wurde. Die Sprache ist, sogar für einen Jugendroman sehr einfach gehalten. Und das Ende ist mehr als unglaubwürdig. Alles wendet sich zum Guten. Das gesamte Umfeld versteht Jason, der dann Jessica heißt, auf wundersame Weise und alle werden beste Freunde. Realitätsfern. Aber für Kinder vielleicht passend.

Erstaunlich ist die literarische Leistung des Buchs (John Boyne kann es eigentlich), die ist maximal ausreichend, auch unter Berücksichtigung der Altersgruppe, die allerdings weniger Interesse an der Thematik haben dürfte, das geht dann etwas später los.
Dennoch gebe ich eine Leseempfehlung ab, der Inhalt macht alles zu kritisierende wieder wett.

Klappentext:

Der neue aufwühlende Roman von Bestsellerautor John Boyne – emotional, empathisch und ehrlich

Als Einzelgänger hat Sam Mühe, Freunde zu finden, und seine vielbeschäftigten Eltern geben ihm oft das Gefühl, unsichtbar zu sein. Zum Glück war sein älterer Bruder Jason immer für ihn da. Der ist nett, beliebt, supergut im Fußball, und die Mädchen stehen Schlange für ein Date. Doch eines Tages teilt Jason seiner Familie mit, dass er schon seit langem mit einem Geheimnis kämpft. Ein Geheimnis, das bald alle auseinanderzureißen droht. Seine Eltern wollen nichts davon wissen, und Sam versteht es einfach nicht. Denn was machst du, wenn dein Bruder dir sagt, er ist überhaupt nicht dein Bruder? Dass er denkt, er ist eigentlich … deine Schwester?

Das einfühlsame Panorama von Reaktionen auf das Outing einer Transperson – erzählt aus der Sicht des jüngeren Bruders

»Eine Geschichte mit so viel Herz, dass die Seiten praktisch pulsieren. Ein Muss für alle Altersgruppen.«
Irish Independent

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