SH*TSHOW – Richard Russo

Was haben ein Whirlpool mit menschlichen Exkrementen und Donald Trump als President-elect gemeinsam? Nun, es ist so ziemlich das Schlimmste, dass sich wohl die meisten vorstellen können. So auch David und Elli, ein älteres Akademikerpaar, deren zufriedenes Leben ins Wanken gerät, als dieser »orangefarbene Mann« tatsächlich der Präsident wird.

»Ich vergesse es immer wieder mal kurz, und dann plötzlich fällt es mir wieder ein: Wir Amerikaner haben ihn tatsächlich gewählt. Auch wenn er gesagt hat: ›Man kann alles mit ihnen machen, sie an die Muschi fassen‹, haben wir ihn gewählt. Unzählige Frauen haben für ihn gestimmt.«
»In einer Demokratie«, sagte ihr Mann, »bekommen die Menschen immer genau das, was sie verdient haben.
« S. 12f

Beide hegen den Verdacht, einer ihrer Freunde könnte Trump gewählt haben. Auch ein gemeinsames Abendessen kann die letzten Zweifel nicht ausräumen. Doch als Elli am selben Abend in ihrem Whirlpool »orangefarbene«, menschliche Fäkalien findet, ist sie entsetzt. Im republikanisch geprägten Tucson Arizona sind sie quasi von Trumpschildern in den Vorgärten umzingelt und als sich die Kack-Attacken wiederholen, wird Elli hysterisch bei der Vorstellung, welcher ihrer Nachbarn ihr das angetan haben könnte. Damit bekommt auch die Ehe der beiden ihre ersten Risse.

Russo wirft in seiner Parabel einen kritischen Blick auf die amerikanische Mittelschicht, auf eine Gesellschaft, die tief gespalten ist und in der seit Trump Angst und gegenseitiges Misstrauen herrschen und auch nicht vor der eigenen Familie Halt machen. Es klingt fast so, als sei Russo beim Schreiben durchaus etwas wütend gewesen ob der Entwicklung im eigenen Land, vielleicht daher seine drastische Direktheit. Ich wünschte, er hätte das Thema nicht nur als Kurzgeschichte verarbeitet. Habs gern gelesen, denke aber, dass mir was »typisch« Amerikanisches entgangen ist, um es bis ins Detail zu verstehen.

Klappentext

David und Ellie, zwei gutsituierte, in der Großstadt lebende, pensionierte Akademiker sind zufrieden mit ihrem Leben. Bis zu dem Tag, an dem Donald Trump zum Präsidenten gewählt wird. Plötzlich wird ihnen alles fremd: ihr Land, ihr Leben, sie sich selbst. Ihre Tochter, die längst im liberalen Kalifornien lebt, kann ihnen nicht helfen. Und dann ist da noch dieser Freund, von dem sie glauben, dass er nur so tut, als hätte er Hillary gewählt …
Spätestens als Ellie eines Tages Fäkalien im eigenen Pool entdeckt, findet die ›Sh*tshow‹ nicht mehr nur im metaphorischen Sinne statt. Aber dieser spektakulär niederträchtige Akt des Vandalismus ist nur das erste in einer Kette politischer und privater Ereignisse, die sich verheerend auf die eigentlich so behagliche Existenz des Paares auswirken.
Richard Russo hat eine eindringliche Parabel geschrieben, in der er von den tiefen, oft unmerklichen Rissen zwischen Freunden, Nachbarn, Familien und selbst Liebenden erzählt, die im Zuge gewichtiger gesellschaftlicher Veränderungen entstehen: Das Politische ist oft privater, als wir meinen.

Bibliografische Angaben

ISBN: 978-3-8321-8144-4
Verlag: Dumont Buchverlag
Erscheinungsjahr: 21. Juli 2020
Übersetzung: Monika Köpfer
Seiten: 68, Hardcover

Über den Autor

Kauzige Kleinstädter und Pechvögel: Es ist der Alltag in US-amerikanischen Kleinstädten, der es Richard Russo angetan hat. Dabei schreibt kaum jemand so brillant darüber wie der 1949 in Johnstown, New York, geborene Autor.
Zunächst studierte Russo jedoch an der University of Arizona Literaturwissenschaften und Creative Writing und promovierte in Philosophie. Danach lehrte er an Universitäten. Dem Schreiben widmete er sich zu dieser zeit nur nebenbei.
Erst nach der erfolgreichen Verfilmung seines Romans „Nobody’s Fool“ (1993; deutsch: „Ein grundzufriedener Mann“, 2017) mit Paul Newman und Bruce Willis in den Hauptrollen ließ er sich als freier Schriftsteller nieder. Für „Empire Falls“ (2002; deutsch: „Diese gottverdammten Träume“, 2016) erhielt er den Pulitzer-Preis. Eine Emmy-Nominierung gab es für das gleichnamige Fernsehdrehbuch.
Es folgten der Indie Champion Award der American Booksellers Association sowie der französische Grand Prix de Littérature Américaine. In den USA ein großer Erfolg, wurden Russos Romane erst später ins Deutsche übersetzt.
Mit seinen detailreichen und humorvollen Porträts kauziger Kleinstadtbewohner an der amerikanischen Ostküste begeistert er nun auch hierzulande mehr und mehr Leser.
Heute lebt der Autor zusammen mit seiner Familie in dem Küstenstädtchen Camden in Maine. (Quelle: Lovelybooks)

Werke

Diese alte Sehnsucht (That Old Cape Magic) 2010
Diese gottverdammten Träume (Empire Falls) 2016
Ein grundzufriedener Mann (Nobody’s Fool) 2017
Ein Mann der Tat (Everbodys Fool) 2017
Immergleiche Wege (Trajectory) 2018
Mohawk (Mohawk)2023
Jenseits der Erwartungen (Chances Are…) 2020
Mittelalte Männer (Straight Man) 2021

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Es kommt darauf an, einem Buch im richtigen Augenblick zu begegnen. Hans Derendinger

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