BERÜHRE MICH NICHT – Andrea Camilleri

Andrea Camilleri wird immer meine große Liebe bleiben, keiner wie er schafft es, so tief in die Menschen hineinzusehen, ihre inneren Beweggründe aber auch Abgründe mit feinen Pinselstrichen zu zeichnen.

Auf nur 156 Seiten zeichnet das er das Psychogramm einer jungen Frau, die plötzlich verschwunden ist. Er startet mit den üblichen italienischen Klischees. Laura Garaudo ist mit einem erfolgreichen und wesentlich älteren, wohlhabenden Schriftsteller verheiratet, scheint sich aber von den zahlreichen Affären nicht verabschieden zu wollen. Doch das Bild verändert sich nach und nach, um am Schluss in einem ganz anderen Licht zu erscheinen.

Commissario Maurizi befragt derzeitige und ehemalige Liebhaber, die Haushälterin, die beste Freundin und findet einige aufschlussreiche Briefe. Doch nichts bringt ihn auf Lauras Spur.

Schnell wird klar, dass wie es hier nicht mit einem Krimi zu tun haben, denn es geht nur darum, die junge Autorin zu einem Gesamtbild zusammenzusetzen. Was nicht einfach ist, denn die Aussagen sind sehr widersprüchlich.
Begeistert hat mich auch die Form, die Camilleri für diesen Roman gewählt hat. Er nutz ausschließlich Dialoge, Briefe und E-Mails. Das mag kurz befremdlich erscheinen, doch schnell war mir klar, wie brillant die Idee war. Alles andere hätte nur von der Hauptfigur abgelenkt. Einzig über die Ausdrucksweise der einzelnen anderen Figuren kann man sich ein Bild von ihnen machen – auch das ist Camilleri hervorragend gelungen. Er war ja nicht nur Schriftsteller, sondern auch ein erfolgreicher Theaterregisseur.

Wie immer gibt es eine glasklare Empfehlung von mir.

Klappentext

Laura Garaudo, die schöne junge Ehefrau des berühmten römischen Schriftstellers Mattia Todini, verschwindet kurz vor Erscheinen ihres ersten eigenen Romans in Rom. Commissario Maurizi befragt ehemalige und derzeitige Liebhaber im Dutzend, dazwischen die beste Freundin, den vulgären Kellner ihres Lieblingscafés – immer komplexer wird das Porträt dieser liebeshungrigen, merkwürdigen Laura. Schließlich entdeckt der Commissario im Bildmotiv einer biblischen Szene die entscheidende Spur. Eine Szene der Hingabe, die offenbar für Laura eine ganz eigene, neu interpretierte Bedeutung hat. Souverän hält Camilleri Spannung, Tempo und Humor in diesem Krimi der ungewöhnlichen Art.

Über den Autor

Andrea Camilleri wurde 1925 in Porto Empedocle, Sizilien, geboren. Er war Schriftsteller, Drehbuchautor und Regisseur. Seine erfolgreichste Romanfigur ist der sizilianische Commissario Montalbano. Insgesamt verfasste Camilleri mehr als 100 Bücher und galt als eine kritische Stimme in der italienischen Gegenwartsliteratur. Andrea Camilleri war verheiratet, hatte drei Töchter und vier Enkel und lebte in Rom. Er starb am 17. Juli 2019 im Alter von 93 Jahren in Rom.

Pressestimmen

„Was beginnt wie ein Krimi entwickelt sich zur Charakterstudie einer außergewöhnlichen Frau… Ein ebenso außergewöhnliches Buch!“ Fränkische Nachrichten

„Äusserst kunstvoll und allein aus Dialogen und Briefen entsteht die Skizze einer Frau, die sich zu oft berühren liess und von nichts mehr berührt war. “ Katja Fischer De Santi, St. Galler Tagblatt

Bibliografische Angaben

ISBN: 978-3-312-01034-9
Verlag: Verlag Nagel & Kimche
Erscheinungsjahr: 2017
Übersetzung: Annette Kopetzki
Seiten: 161, Hardcover

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Über ein.lesewesen 271 Artikel
Es kommt darauf an, einem Buch im richtigen Augenblick zu begegnen. Hans Derendinger

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