DER CLUB – Takis Würger

Nach 2 fantastischen Büchern des Autors musste ich natürlich sein Debüt lesen. Was soll ich sagen, ich war wieder hin und weg.

Hans wächst in einfachen Verhältnissen auf und verliert früh seine Eltern. Doch seine Tante Alex sieht sich nicht in der Lage, ihn aufzunehmen, und schickt ihn in ein Internat. Dort bleibt er ein Außenseiter und verbringt seine Freizeit am liebsten mit Lesen und Boxen. Alex sorgt nach dem Abi dafür, dass er ein Stipendium für die Eliteuniversität in Cambridge bekommt. Allerdings aus einem bestimmten Grund: schon lange weiß sie, dass in dem elitären Pit Club Verbrechen verübt werden, die Hans nun aufklären soll. Doch die Upperclass bleibt lieber unter sich und weiß es, Geheimnisse zu bewahren. Muss er das Falsche tun, um das Richtige zu erreichen?

Ein erfolgreicher Literaturschauplatz muss nicht zu einem Klischee verkommen, wenn er wie hier von T. Würger neu interpretiert wird. Spätestens seit Donna Tarrt wissen wir, dass solche Geschichten sehr gut funktionieren, wenn wir eine kompakte, spannende und tiefgründige Story dazubekommen. Und dass man diese auf nur 238 Seiten dramaturgisch gut erzählen kann, wird in diesem Buch deutlich. Wie auch in »Unschuld« reduziert der Autor die Geschichte auf das Wesentliche. Es ist alles gesagt. Das gelingt ihm zum Einen durch seine gut ausgearbeiteten Charaktere, die authentischer und facettenreicher nicht hätten sein können. (Vielleicht kommt ihm hier auch seine journalistische Tätigkeit zu Hilfe, gänzlich auf Nebensächlichkeiten und schädliche Adjektive zu verzichten.) Zum Anderen gibt er allen einige kurze Kapitel, die einen tiefen Einblick geben in die Denke der Reichen und Schönen.

Die Geschichte kommt sehr unaufgeregt daher, verdichtet sich aber mehr und mehr, so dass die Spannung sich allmählich steigert. Ich bekam eine leise Ahnung von dem eigentlichen Verbrechen und den Tätern. Bemerkenswert fand dich auch die Entwicklung der einzelnen Charaktere, wie sich im Lauf der Zeit deren Handeln und Denken verändert. Auch wenn sie außer Hans alle der Oberschicht angehören, so vertritt doch jede:r seine/ihre eigene Position. Hier geht es vor allem um Moral, Macht, Entscheidungen aber auch Einsamkeit, Mobbing und Liebe.
Kurz ein Wort zum Cover (mache ich ja eigentlich nie). Optisch für mich nicht unbedingt der Hingucker, auch wenn ich die handliche Hardcoverausgabe vom Kein & Aber Verlag mag. Die tristen Farbstreifen machen aber in Bezug auf die Geschichte einen Sinn.
Ich könnte jetzt noch eine Weile schwärmen, muss ich aber nicht. Denn Takis Würger zählt in diesem Jahr zu den besten Autoren, die ich kennengelernt habe. Ich hoffe, auch in Zukunft von seinen Büchern überrascht zu werden. Fazit: Überzeugt euch einfach selbst, es lohnt sich.

Ausgezeichnet mit dem Silberschweinpreis 2017 für das beste Debüt auf der lit.Cologne.

Klappentext

Hans Stichler stammt aus einfachen Verhältnissen. Er bekommt ein Stipendium für die Universität in Cambridge – als Gegenleistung soll er dort ein Verbrechen aufklären. Er geht nach England, wird Mitglied im elitären Pitt Club und verliebt sich in Charlotte, die ihn in die Bräuche der Snobs einweiht.

Bald merkt er, hinter den alten Mauern der britischen Oberschicht lauern Geheimnisse, über die keiner spricht. Was ist Hans bereit zu geben, um dazuzugehören? Muss er das Falsche tun, um das Richtige zu erreichen?

Bibliografische Angaben

ISBN: 9783036959726
Verlag: Kein & Aber Verlag
Erscheinungsjahr: April 2018
Seiten: 238, Hardcover

Über den Autor

Takis Würger wuchs in Wennigsen am Deister auf. Nach dem Abitur arbeitete er als freiwilliger Helfer in einem Entwicklungshilfeprojekt in Peru. Er volontierte bei der Münchner Abendzeitung. Danach ging er als Redakteur zum Nachrichtenmagazin Der Spiegel, bei dem er im Ressort Gesellschaft tätig ist. 2014 studierte er ein Jahr am St. John’s College der Universität Cambridge Human, Social and Political Science.

Würger berichtete für den Spiegel unter anderem aus Afghanistan, Libyen, Mexiko und der Ukraine. Er hat mehrere Journalistenpreise gewonnen, darunter den Deutschen Reporterpreis, den Hansel-Mieth-Preis zusammen mit dem Fotografen Armin Smailovic, den CNN Journalist Award, den Journalistenpreis der Christlichen Medienakademie und den European Journalism Prize Writing for CEE.

2010 wurde Würger durch das Medium Magazin als einer der „Top 30 Journalisten unter 30“ ausgezeichnet. 2017 erhielt er mit dem Silberschweinpreis den Debütantenpreis der lit.Cologne für seinen Roman Der Club, der auch für den aspekte-Literaturpreis 2017 nominiert war und zu den fünf beliebtesten Romanen der unabhängigen deutschen Buchhändler im Jahr 2017 gehörte. Die Lesung des Romans wurde 2018 mit dem Deutschen Hörbuchpreis in der Kategorie „Beste Unterhaltung“ ausgezeichnet.

Pressestimmen

»Ein vielschichtiger Roman um Dünkel und Zugehörigkeit, um das Streben nach Liebe, aber auch um das Wesen von Kampf und Auseinandersetzung. Berührend und spannend!« Radio Eins

»Takis Würgers zauberzarte Geschichte ist ein Buch, das man zum Freund will.« Benjamin von Stuckrad-Barre

»Es zeugt von erzählerischem Talent, wie Takis Würger diese Geschichte von Rache und Vergeltung auflöst.« Neue Zürcher Zeitung

»Raffiniert umkreist Würger das dunkle Geheimnis des Campus […]. Die Sprache ist so transparent, als wollte sie die Geschichte nicht mit bedeutungsvollem Ballast beschweren. Hauptsatz reiht sich an Hauptsatz, ein gekonnt choreografiertes Nebeneinander.« Die Zeit

Weitere Werke

STELLA, Originalverlag Hanser Verlag 2018, Taschenbuch bei Goldmann Verlag
NOAH – VON EINEM DER ÜBERLEBTE, Hardcover bei Penguin Verlag, 2021
UNSCHULD – Hardcover bei Penguin Verlag Oktober 2022

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Über ein.lesewesen 307 Artikel
Es kommt darauf an, einem Buch im richtigen Augenblick zu begegnen. Hans Derendinger

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