DER BOULEVARD DES SCHRECKENS – Moritz Hürtgen

Werbung. Herzlichen Dank an Kunstmann Verlag für das Rezensionsexemplar.

Martin Kreutzer, Volontär bei einer Berliner Zeitung, will seiner Karriere einen Schub geben. Als er erfährt, dass der exzentrische Performancekünstler Lukas Moretti jedes Interview ablehnt, wittert er seine Chance. Immerhin waren sie Kommilitonen an der gleichen Uni. Dass sie sich kaum kannten, verschweigt er lieber. Doch dann kommt alles anders. Moretti denkt gar nicht daran, mit ihm zu reden. Damit Kreutzer vor seinem koksenden Chef nicht dumm dasteht, erfindet er kurzerhand ein Interview. Nichtswissend, dass Moretti in der selben Nacht tödlich von einer S-Bahn erwischt wird und nun nichts mehr dementieren kann. Kreutzer wird in den Münchner Vorort Kirching, dem Ort, wo Moretti aufwuchs, zur Recherche geschickt und trifft dort auf die nächsten Toten. Ab hier wird es reichlich skurril und nimmt ein schreckliches Ende.

An der Stelle sollte ich unbedingt erwähnen, dass es sich bei dem Autor um den Chefredakteur des gefürchteten Satiremagazins Titanic handelt. Das sollte man wissen, bevor man sich auf den #Roman einlässt. Diese übertriebene, scharfe Satire liegt sicher nicht jedem.
Der Roman beginnt schwungvoll und mit schwarzem Humor, einiger Kritik an den Arbeitsweisen des Journalismus und nimmt die abgedrehte Kunstszene ordentlich aufs Korn. Bei Moretti handelt es sich nämlich um einen Künstler der Elektropop und Lyrik verbindet und beim »Beschwörungen-Festival« auftritt. Ihr merkt schon, es wird reichlich abgefahren. Kreutzer hingegen ist unsicher und von Selbstzweifeln geplagt. Doch was ihn in Kirching erwartet, übersteigt seine Vorstellungskraft. Und ab hier sollte man als Leser sehr offen sein und sich auf die überzogene, abstruse Satire einlassen können. Beim Lesen habe ich mich oft gefragt, wann Kreutzer aus seinem surrealen Fiebertraum erwacht. Oder war es ein Drogenrausch?

Vielleicht ist es typisch Titanic, in allem maßlos zu übertreiben, das werden die Leser des Magazins sicher zu schätzen wissen. Jede neue Handlung wird noch abstruser als die vorige. Ich möchte hier nicht spoilern, aber die Ereignisse fühlten sich tatsächlich wie die Beschreibung eines Drogenrauschs an. Vielleicht lag es in der Absicht des Autors, aber ich konnte zu keiner der Charaktere irgendeine Sympathie aufbauen, die allesamt Karikaturen waren. Gegen Ende habe ich mich gefragt, wie Hürtgen die Geschichte wohl auflösen will. Na ja, ihr solltet euch überraschen lassen. Es traf nicht meinen Humor, aber alle, die es gern völlig abgefahren mögen, werden hier sicher ihre wahre Freude haben.

Klappentext

Ein brandheißes Debüt zu den brisantesten Themen der Zeit! Ein hochaktueller Roman über Politik und Kunst, Fakten und Fiktionen, und die Frage, was man für Ruhm und Reichtum alles tun würde.
Martin Kreutzer will nach oben. Als Volontär einer überregionalen Berliner Tageszeitung muss er sich jedoch beweisen, denn Ruhm und Reichtum kriegt man nicht einfach geschenkt. Lukas Moretti war sein Kommilitone und schon damals in München ein Star unter den Studenten, doch inzwischen ist ihm mit seinem enervierenden Mix aus Spoken Word, performativer Kunst und euphorischen Elektropartys der internationale Durchbruch gelungen.
Vollmundig verspricht Martin der Chefredaktion, das Interview mit Moretti hundertprozentig einzutüten. So richtig kannte er ihn eigentlich damals nicht, aber was ist schon eine kleine Lüge, wenn sie einem die Chance gibt, auf Redaktionskosten nach München zu fahren und der Karriere einen Kickstart zu geben? Unglücklicherweise möchte Herr Moretti weder mit der Zeitung noch mit Martin Kreutzer etwas zu tun haben. Aber sich von einem wie Moretti die Karriere ruinieren lassen, noch bevor sie richtig Fahrt aufgenommen hat? Wer braucht schon so einen Phrasendrescher für ein Interview voller vorhersagbarer Phrasen? So schreibt Martin Kreutzer die ganze Nacht und ist am Ende überzeugt, dass die Redaktion seinen Einsatz würdigen wird.
Doch als Lukas Moretti tot aufgefunden wird, nehmen die Dinge einen unvorhergesehenen Lauf. Die Redaktion beschließt, Martin auf den Fall anzusetzen, und schickt ihn nach Kirching, einen Münchner Vorort, in dem alles anfing und schrecklich enden wird …

Über den Autor

Moritz Hürtgen wurde 1989 geboren ist seit 2019 Chefredakteur des gefürchteten Satiremagazins Titanic. Auch als Autor verbreitet er Angst und Schrecken: 2019 erschien bei Kunstmann bereits sein Gedichtband »Angst vor Lyrik«, nun folgt sein Romandebüt »Der Boulevard des Schreckens«.

Bibliografische Angaben

ISBN: 978-3-95614-509-4
Verlag: Kunstmann Verlag
Erscheinungsjahr: 2022
Seiten: 304, Hardcover

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Es kommt darauf an, einem Buch im richtigen Augenblick zu begegnen. Hans Derendinger